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Die Heide
Die Hecke
Zum Schmunzle
Gemälde von Franz Ferch "Die Heide" |
Die Heide - Heed
Vor
einem Vierteljahrtausend beschrieb Karl von Lothringen die Heide, wie sie sich
zur Zeit der Türkenkriege darbot.
- Nirgends, eine
Ader trinkbaren Wassers, das stinkende Nass der Sümpfe schreckte sogar das Vieh
ab, nirgends ein grünender Baum, unter dem der Reisende hätte ausruhen können.
Schilf, Unkraut und Gestrüpp waren so dicht und hoch, das das Fußvolk kaum
durchgekommen wäre, wenn die Reiter nicht einen Pfad geöffnet hätten. Nirgends
auf der ganzen ungeheuren Ebene gab es ein beherbergendes Obdach, außer einigen
Rohrhütten von Hirten, weit und breit keine Spur von Menschen. -
"Die
Banater Heide" *
ist der nordwestliche Teil des Banats und
befindet sich fast ausschließlich in Banne der Strahlungskraft von Temeswar. Das
Gebiet umfasst um die 1175 qkm. Der
fruchtbare Heideboden, der sog. Humusboden, ist ertragreicher und leichter zu bestellen als der
schwere Heckenboden, und ließ die Heidebauern schnell zu einem gewissen Wohlstand
kommen. Die Banater Heide war als Weizenland weithin berühmt doch auch
Futterpflanzen wie Luzerne, Mais und Rüben wurden hier mit großem Erfolg
angebaut. Unternehmungslust und eine bemerkenswerte Aufgeschlossenheit für
rationelle Wirtschaftformen (erste Dreschmaschinen, Mähbinder und Traktoren)
mehrten den Wohlstand zusätzlich. Eine Variation zum kastanienbraunen Boden ist
der sandige Steppenboden in den Überschwemmungsgebieten der ehemaligen
Flussläufe. Seine Leichtigkeit macht ihn besonders geeignet für Wein-, Obst- und
Gemüsebau.
Die Name Heide ist kein geografischer Begriff.
Als Heide bezeichnet man in der Botanik, in der Pflanzenwelt, einen Landstrich
mit einem Boden, der ärmlich wasserarm und stellenweise moorig ist, mit
Zwergsträuchern, Gräsern und mit Heidekraut als vorherrschende Pflanze,
bewachsen ist. Diese Merkmale treffen jedoch auf die Banater Heide nicht zu.
Unsere Sprache berücksichtigte nicht die heutzutage wissenschaftlichen
abgrenzenden Pflanzenformationen, sondern unterschied ursprünglich die Heide als
urwüchsiges Land im Gegensatz zu den bebauten und bewohnten Landschaft und
verstand darunter sowohl den mit Heidegebüschen sowie den vorwaltend mit Gräsern
bewachsenen Boden, ja selbst den Wald. Später wurde das Wort wohl nur im engen
Sinne genommen und auf die unbebauten, waldlosen Strecken eingeschränkt.
Bis zum
Türkeneinfall war die pannonische Tiefebene, unsere Heide mit eingeschlossen, die
Hürde Mitteleuropas. In riesigen Herden wurde das Vieh zu den Märkten nach
Augsburg, Wien und Norditalien getrieben, von den Heiducken begleitet, zum
Schutz gegen Wildüberfälle und Räuber. Dieser jahrhundertealte Hirtentrieb
machte die ursprünglichen Landschaft, zu deren Pflanzenkleid neben
Steppengräsern auch Gebüsche und lichte Wälder gehörten, zum Weideland. Die
Hirten und Viehzüchter verwandelten die ursprüngliche Waldsteppenlandschaft in
eine künstliche Steppe. Im österreichischen Beamtendeutsch hießen diese
unbebauten Landstrecken Prädien, Einöden und häufig auch Heide.
Nach der
Vertreibung der Türken blieb die extensive Weidewirtschaft die
Hauptbeschäftigung im Banater Flachland. Die Unternehmer waren oft Griechen,
zumeist aber serbische und mazedo-rumänische Handelsleute, die in einer Prädien-
und Ochsenhändlerkompagnie organisiert, große Gebiete beherrschten.
Im Banat begann man um 1722 langsam mit der Besiedlung mit deutschen
Kolonisten -
erster Schwabenzug
- die ersten deutschen Siedlungen entstanden, diese wurden jedoch fast alle
während des erneuten Türkenkrieges von 1738-1739 wieder zugrunde gerichtet und
zerstört. Wobei sich aber die Siedlungen in der Hecke und in der Maroschau
besser halten konnten als die der Heide.
Nach
dieser Zerstörung konnte erst der Impopulationsinspektor Wilhelm von
Hildebrand die Wiederbesiedlung der Banater Heide wieder in Gang bringen.
Auf dem Ödland entstanden in dem Zeitraum von 1768-1772 zahlreiche neue Dörfer
unter
der Obhut von Kaiserin Maria Theresia. Im Jahre 1765
Billed, 1766 Hatzfeld, 1767 Lenauheim und Großjetscha, 1768 Grabatz,
1769 Bogarosch, 1770 Kleinjetscha, Marienfeld und Kleintermin, 1772 Triebswetter,
Gottlob und Kleinkomlosch.
Das sind die Urdörfer der Banater Heide. Dazu kamen später Lowrin, Komlosch,
Wiseschdia, Schandra, Nero, Uihel ...
näheres siehe unter " Schwabenzüge".
Auf den Terassen der Wasserläufe befanden sich sicherlich auch vorgeschichtliche
Siedlungen. Die Existenz von Fluchtsiedlungen im Überschwemmungsgebiet und im
Sumpfland ist wahrscheinlich.
Als ältester Ortsname gilt Nageuz, das in der Nähe des heutigen
Triebswetter verlegt wurde. - Hier vernichtete auch Graf Tschanad den
Territorialherrscher Achtum in einer großen Schlacht.
Die Banater Heide wird grob mit folgender Linie umschlossen:
Tschanad - Groß Sankt Nikolaus - Perjamosch - Warjasch - Billed - Klein Betschkerek -
Gertjanosch - Hatzfeld - Sackelhausen - Marienfeld - Albrechtsflor.
Gekennzeichnet ist die Heideebene *
durch:
- ihre großen geometrisch Angelegte Dorfanlagen, die Höfe von langen Latten-
oder Eisenzäunen eingefasst und mit Dachziegeln eingedeckten Häusern, im
Gegensatz zu den alten Siedlungen des Hügellandes mit ihren Heckenzäunen, den
Holzbauten und den Schindeldächern
- einem überaus fruchtbaren Lößboden, mit Getreide-, Wein- und Obstbau
- den Hang zu weitflächigen Monokulturen, und dem rassigem Vieh
- einem dichten Netz von Strassen und Schienen
- den regen Handel und das blühende Gewerbe
*
= Diese Angaben beziehen sich auf jene Zeitspanne, in welcher die
Banater Schwaben in ihrer Heimat Banat noch sehr zahlreich gelebt und
gewirkt haben.
Über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mittelalterlichen Banats können uns
noch zwei Dokumente annähernd Auskunft geben. Das eine ist eine Liste über Einkünfte
des Königs Béla III. (1163-1196), worin die Diözese Tschanad zu den reichsten
Diözesen Ungarns zählt. Zum anderen das päpstliche Zehentregister aus den Jahren
1333-1336, das eine Verarmung unseres Gebietes vermuten lässt.
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Der
Mundartdichter J. Szimits schreibt von der "Heed"
Dort wu dr Bauer
früh un spot
mit seine Leit is viel geplot
un wu die Arweit niemols steht
Des is die Heed!
Dazu
lächelt der "Heckenschwob" nur. Als könnte er auf der faulen Haut liegen, weil
ihm die gebratenen Tauben ins Maul fliegen, als müsste er von seinem weniger
fruchtbaren Boden nicht mit mehr "Gfrett" einen kräglicheren Ertrag einbringen.
Sogar die Pferde müssen sich mehr plagen, oft brauchte man sogar Doppelgespanne
vor dem Pflug, um die schwere Scholle zu wenden.
Wu´s
trinke Wein durchs Gieserohr
un Schunke han dorchs ganzi Johr,
de Speck is wie e Hand so breet
Des is die Heed!
Doch
auch dem Heckenbauern füllt "Speck und Kraut die Haut", und trinken tun sie auch
alles, sogar Wein.
Dort
wu die schönste Mädle sin,
was eem die beschte Bussle gin,
wu´s Amei gibt und Liss un Gret
Des ist die Heed!
Aber
auch auf der Hecke hat jeder Topf seien Deckel jeder Kerl "sei Minsch" (Schatz)
un jeder "Schallrich" seine Schnalle.
Gemälde von Franz Ferch " Die Hecke" |
Die Hecke
Erscheinen nun der Name und Umgrenzung der Heide geklärt, so ist das im Falle
der Banater Hecke ein schwieriges Problem. Sind die Ausdrücke Heed und Heedler
feststehende Begriffe, so kann das von der "Hecke" nicht gesagt werden. Man
könnte meinen, das der Name "Hecke" als Antithese zu Heide geschaffen wurde,
gewissermaßen deshalb, damit auch jene Schwaben, die nicht auf der Heide wohnen,
zu einem Namen kommen.
Das alter des Namen ist ungewiss. Nennen die Heedler die anderen Heckenschwaben
oder nennen diese sich selbst so?
Hecke
bedeutet Gestrüpp, Gebüsch.
In der welligen weiten Landschaft, wo bereits unter dem Grafen Claudius
Florismund Mercy die älteren deutschen Siedlungen entstanden, gab es früher
ausgedehnte Wälder, Hecken- und Gestrüpplandschaften. Aus den Anfängen der Siedlungen wird
immer wieder von Waldroden, Buschbrennen und Austrocknung von Wurzelwerk
berichtet.
Eine alte Karte von Karan/Mercydorf aus dem Jahre 1764 bezeichnet dreiviertel der
Feldflur als mit dichtem Gestrüpp bewachsene Fläche. An einen Wald erinnert der
Flurname "Deutscher Wald", und so ähnlich mag es wohl in den meisten
Heckendörfern gewesen sein.
Gegen
Westen wäre die Grenze der Hecke der "Katzengraben" und der "Yergraben". Im
Osten und Süden reicht die Hecke soweit wie die rheinfränkische Mundart der
deutschen Bewohner. Die rheinfränkischen Fratschlerinnen auf den Märkten von
Reschitza werden von den Einheimischen auch "Schwoben" genannt.
Am interessantesten ist die Nordgrenze der Hecke. Die Nordmaroscher nennen sich
auch Schwaben, doch vom Banater Land distanzieren sie sich. Für Sanktanna sind
alle Schwaben südlich der Marosch "Phitjes", sie reden "phitjisch", damit ist
die südfränkische Umgangsmundart gemeint. Auch die Siedlungsgeschichte,
Herkunftslandschaften, Mundarten und Trachten der Nordmaroscher weisen im
Vergleich zum Banat viele Unterschiede auf.
Landkarte Heckenland folgt bald!! |
Große anthropologische Gegensätze zwischen Heide und Hecke sind nicht
feststellbar.
Vielleicht gibt es aber einige unterschiede im Temperament und in der
psychischen Struktur zwischen den Hecken- und Heideschwaben.
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Zum Schmunzle
Weil die
Heidebauern durch die Beschaffenheit ihres Bodens, schneller zu Wohlstand und
Reichtum kamen, als die ärmeren geplagten Heckenbauern, meinten diese, in der
Heide ließe sich leicht leben, so gut wie der "Herrgott in Wiseschtje".
Die flottere Lebensart der Heedler reizte die Heckenschwobe zu allerlei
spitzzüngigen Hänselein. Den Heckenleuten gilt der Heedschwob als großgoschig,
prahlerisch und neunmalklug. Die Leute von Marienfeld (Teremia Mare) sind "Stecketriller",
"Windbeutel" sind die Kleinkomloscher und Lenauheimer, die Hatzfelder sind "Luftsäck".
Und wer ungefoppt durch Teremia Mare, ungerupft durch Kleinkomlosch und ohne Prügel
durch Bogarosch kommt, der kann von großem Glück reden.
Natürlich blieben die Heideschwobe nichts schuldig.
Für die Heedler sind alle Karaner, nur "Heckebaure", vor der Ernte aus Karan und
nach der Ernte, wenn sie Geld im Sack haben, aus Mercydorf. Die Darowarer und
Großschamer sind "Ulakre" - ein Ulaker ist das billigste Taschenmesser, ein
Symbol der Armut. Die Hopsenitzer sind "Schollehopser", die Morawitzer "liegen
im Graben" und in Maschlok ist der Himmel blau, die Gassen schief und die Täler
tief...
Die
Heidebauern waren die ersten die sich auch auf bestimmte landwirtschaftliche
Produkte spezialisierten. Vor mehr als einem Jahrhundert wurde der Markt von
Budapest mit Frühgemüse aus Lowrin versorgt. Teremia Mare und Triesbswetter
verlegten sich auf Weinbau, Bogarosch und Grabatz auf Viehzucht, Billed auf
Tabak- und Hanfbau, Kleinkomlosch die "Schweinskupetze" und die "Kukuruzbauern"
aus Warjasch auf die Schweinezucht, die "Fujaker" von Triebswetter wurden
gewiegte Wanderhändler, hauptsächlich mit gemahlenen Paprika.
Doch
auch der Hecke ist die Spezialisierung nicht unbekannt.
So sind die Neuarader "Salatsäcke", die aus Glogowatz (Vladimirescu) "Krautbaure",
die Schager "Thuwacksbaure", die Guttenbrunner (Zăbranier) "Quetschebrenner",
die Jahrmarkter "Poschteklemmer", die Nitzkydorfer sind "Molkephäns" und "Molkesäck",
aber am berühmtesten sind die "Milchpanscher" von Sackelhausen, sie sind "Quargelquitscher".
Überall ist Schwindel, nur in der "Sacklaser Milch ist Wasser". In der Milch
gedeihen die "Dickkepp" und die "Bautzekepp". Das Dorf ist so reich das sogar
aus den Brunnen Milch fließt.....
So ist
seit altersher Hecke und Heide in edlem Wettstreit.
Rühmt sich die Heide der Rekordernten ihrer Maisfelder, so lobt der Heckenbauer
die bessere Qualität seines Weizens, seiner Sojabohnen und seines Kleesamens.
Schwärmen die "Weinkepp" aus Triebswetter und Marienfeld von ihrem Rebensaft, so
trumpfen die Heckeschwobe mit Wein von Rekasch, Tirol, Bentschek und vom
Silascher Berg auf.
Was dem Heedler und Lenauheim der Dichter "Nikolaus Lenau" ist, ist dem
Heckenschwob "Adam Müller Guttenbrunn" und "Nikolaus Schmidt".
Was den Heedler "Szimits" ist, ist dem Heckenmann die beiden "Gabriels", der
Ältere und der Jüngere.
Wenn die Heedler die "Petition von Bogarosch" anzurechnen ist, in welcher ein
Schwabengraf verlangt wurde, so kommt den Bauern von Cruceni den Verdienst zu,
noch vor der Petition sich energisch gegen ihren ausbeuterischen Grundherren
aufgelehnt zu haben.
Doch
trotz aller kleinen Unterschiede überwiegt stets das Gemeinsame zwischen den Heide- und Heckenschwaben,
denn das
heutige (?) Banat ist ein einzigartiges und großartiges Produkt dieser Zivilisation
und der menschlichen Willenskraft und auch der mühsamen Leistungen unserer Vorfahren. Das
einstige öde, ungesunde und unwirtliche Land Banat wurde nur durch diese Menschen
und ihrem gemeinsamen Wirken und das ihrer Vorfahren einst zur größten Kornkammer Europas.
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