Home
Nach oben
Geografische Lage
Neue Nachrichten
Anzeigen
Neue Inhalte
HOG
Brauchtum
Bildergalerie
Forum
Gästebuch
Links
Kontakt
Sonstiges
Suchen
Disclaimer
Seiteninhalt

 

 

 

Erinnerungen


 

Adam erzählt von der Flucht aus Birda 1944

Am 13. September 1944 wurden wir von der deutschen Wehrmacht aufgefordert unseren Heimatort Birda für einige Tage zu verlassen. Begründung war, die sowjetische Armee rückte aus dem Norden näher in die Kreisstadt Temeschburg. Wegen der geplanten Großoffensive zur Verteidigung der Stadt, sollte die Zivilbevölkerung für einige Tage die Stadt und das Dorf verlassen um verschont zu bleiben. So lautete die Aufforderung für alle Volksdeutsche im Banat.

Tagtäglich musste ich als 13 jähriger Bub die Milch zur Dorfgenossenschaft bringen, so auch an diesem 13. September 1944. Plötzlich wurde in aller Heimlichkeit die Nachricht verbreitet, das alle Volksdeutsche aus Sicherheitsgründen ihren Heimatort vorübergehend für ein paar Tage verlassen sollten. Wir konnten nur noch schnell das allernötigste zusammenpacken und sind dann noch in der gleichen Nacht Richtung Jugoslawische Grenze aufgebrochen. An diesem Abend fing es dann an zu regnen, und eine gewisse Unruhe bereitete sich unter all den Nachbarsleuten aus. Betroffen und heimlich wurde untereinander beraten, sollte man diesem Aufruf Glauben schenken, sollte man bleiben oder sollte man gehen? Der Bevölkerung war auch bekannt, das am 23. August 1944 die rumänische Armee sich auf die Seite der Sowjets eingestellt hat. Deshalb entschloss sich ein Großteil der Einwohner, das Dorf für ein paar Tage zu verlassen. Andere dagegen blieben in Birda.

Mein Vater war Schmiedemeister, und er suchte an diesem Abend bei seiner Kundschaft,
ein Pferdefuhrwerk das uns ein Stück des Weges mitnehmen würde, da wir kein eigenes Fuhrwerk mehr besaßen. Während er auf der Suche war, packten meine Mutter und ich schnell zwei habselige Bündel in ein Leintuch und bereiteten alles vor. Vater konnte uns eine Mitfahrgelegenheit besorgen und wir trugen die Habseligkeiten zu Frau Magdalena Hoffmann, die sich bereit erklärte uns ein Stück des Weges mitzunehmen, mit der Auflage das die Männer zu Fuß laufen müssen und die Kuh vorantreiben, die am hinteren Wagen angebunden war. Noch in der Nacht um 22.30 Uhr verließen wir das Dorf Richtung Jugoslawischer Grenze.

Wir gingen von Birda über Detta, Denta, Stamora-Morawitza bis zur jugoslawischen Grenze. Diese war nachts von der deutschen Wehrmacht besetzt, aber wir konnten ohne Kontrolle passieren. Weiter ging es nach Vatina, Margita, Zichydorf. Dort machten wir Rast. Am nächsten Tag ging es dann weiter nach Georgshausen, Heiderschütz, Konak, Boka und nach Setschan dort wurde am 15. Sept. erneut gerastet. Wir gingen weiter nach Sartscha, Ernsthausen bis  Lazarfeld, hier wurde wieder übernachtet. Am 16. Sept. gingen wir weiter nach Siegmundsfeld, Etschka, Altetscka, Perles bis Rudolfsgnad. Wir überquerten gerade die Theis zu Ungarn, es war zwei Uhr nachmittags und herrschte Fliegeralarm, einige Fuhrwerke zögerten deshalb die Brücke zu befahren, denn man hörte bereits die Flugzeuge anfliegen. Der erste Ort den wir nach diesem Ereignis einnahmen war Tittel, dann ging es weiter nach Tünteresch, Saikasch, Sehtiwan und Josefsdorf. Weiter nach Gospodin, Temerin, Altker, wo wir die Nacht verbrachten. Dann weiter nach Kisker, Alt Werbas, Neu Werbas, Kula bis Tscherwenka, wo wir eine Woche (bis zum 28.09.1944) blieben. Wir wurden dort von der Feldküche versorgt und konnten uns etwas von der Reise erholen. Nach dieser Ruhepause fuhren wir am 28.09.1944 über Alt Siwatz, Neu Siwatz, Sombor bis Örszallas (Stanischitz). Beeinträchtigt durch das starke Regenwetter war ein fortkommen auf den Lehmstrassen immer schwieriger, deshalb blieben wir bis 6. Oktober in Örszallas. Hier lösten wir uns von der Flüchtlings Kolonne Birdas.

Wir begegneten in Örszallas, unserem Landsmann Herrn Gaisheimer Hans (Soldat), der mit seiner Familie auch auf der Flucht war, seiner Frau Anna und ihren drei Kindern sowie dessen Schwiegereltern Johann Hoffmann mit Frau. Herr Gaisheimer war dort auf der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit per Bahn, um ein schnelleres Fortkommen zu gewährleisten. Als er fündig wurde schlossen sich ihm noch Fam. Hoffmann, Fam. Domokosch und Fam. Schelken (wir) an. Wir wurden am Bahnhof in einem Viehwagon untergebracht mit dem Ziel Budapest. Kaum waren wir einen Tag unterwegs, hieß es bereits am Bahnhof Kischkunhallas, der Zug kann nicht weiterfahren weil die Brücke gesprengt wurde. Wir wurden dann auf ein Abstellgleis geschoben und per Lautsprecher wurde uns mitgeteilt das wir dort zwei Stunden stehen bleiben würden, bis eine andere Strecke befahrbar sei. Wir hatten in Kischkunhallas jedoch die Möglichkeit, mit ungarischer Währung (Pengö) Grundnahrungsmittel einzukaufen. Meine Eltern die die ungarische Sprache beherrschten, machten sich dann, so wie viele andere Menschen, auf den Weg, und ich musste im Zug bleiben und auf das bescheidene Gepäck aufpassen. Doch inzwischen war wieder Fliegeralarm und aus Sicherheitsgründen musste der Zug den Bahnhof verlassen.

Ohne Ankündigung über die Abfahrt, fuhr der Zug plötzlich rückwärts in Richtung Pećs (Fünfkirchen). Unter zahlreichen Familien brach dann eine große Panik aus, den viele Angehörige waren während der Abfahrt von den Besorgungen noch nicht zurück oder noch nicht anwesend. Auf diese Tragische Weise wurden so viele Familien auseinandergerissen;
Eltern, Kindern, Verwandte und Bekannte. Während der Weiterfahrt ins Unbekannte verlor man jedlichen Kontakt mit den Zurückgebliebenen. Trotzt vielen Nachforschungen an den verschiedenen Haltestationen, wusste niemand Bescheid über den Verbleib seiner Angehörigen. Auch meine Eltern waren unter den Abkömmlingen.

Noch in der Nacht fuhren wir über die Donau und waren Tags darauf in Pećs. Der Bahnhof in Pećs war überfüllt mit Wehrmachts-, Urlaubs- und Flüchtlingszügen. Die ankommenden Flüchtlinge und Wehrmachtsreisende füllten dort ihre Wasserflaschen und versorgten sich mit Grundnahrungsmittel, sofern sie Ungarisches Geld besaßen. Durch den Verlust meiner Eltern in Kischkunhallas, waren ich und auch noch viele andere Kinder, mittellos und hungrig. Die Umstände zwangen uns deshalb zum Betteln. Ein Urlauberzug mit deutschen Soldaten fuhr ein. Diese sahen das ganze Chaos an den Bahnsteigen. Als mich ein Unteroffizier fragte woher ich denn komme und wohin ich denn fahre, er sah in einem Gesicht voller Angst und Hoffnungslosigkeit, erzählte ich ihm was mir widerfahren sei. Dann nahm er mich den an die Hand, stellte mich seinen Kameraden vor und bat alle, ein Stück Brot zu spendieren damit ich nicht Betteln müsste. Jahrzehnte danach fuhr ich wieder nach Fünfkirchen und ließ meine Gedanken in die Vergangenheit schweifen.

Per Bahn und ohne meine Eltern ging die Fahrt von Fünfkirchen in Richtung Sopron (Grenzstation Ungarn). Von dort weiter bis Wiener Neustadt. Wegen Fliegeralarm weiter südlich nach Gloggnitz. Danach wieder weiter nördlich nach Baden, Tulln an der Donau, und Richtung Kirchberg am Wagram. Hier wurden wir ausgeladen und in angrenzende Orte untergebracht. Vom Ortsgruppenleiter Hamettner wurden wir dann höflich am
14. Okt. 1944 empfangen und ins Flüchtlingslager eingewiesen. Da ich keine Eltern mehr hatte, nahm der Ortsgruppenleiter sich um meiner an. Von Kirchberg aus gingen wir zu Fuß, mit drei weiteren Familien aus Birda, in den kleinen Ort Altenwörth. Am nächsten Tag verständigte der Ortsgruppenleiter den Suchdienst des Roten Kreuzes in Tulln und informierte diesen über die Sachlage, da ja noch mehr Familien auseinandergerissen waren.

Vom 14. Okt - 04.Nov. 1944 war ich beim Ortsgruppenleiter untergebracht und musste zusammen mit polnischen Gefangenen bei der Kartoffel- und Rübenernte mithelfen.
Der Suchdienst in Tulln hatte jedoch keinen Erfolg bei der Suche nach den Angehörigen.

Doch gleichzeitig waren meine Eltern auf der ständigen Suche nach mir und hatten dabei großes Glück, sie konnten mich im Lager Ried im Innkreis ausfindig machen.
Durch Zufall erfuhr meine Mutter von zwei Mädchen, die ebenfalls in Altenwörth waren und dann auch ins Lager nach Ried kamen, wo sie mich finden konnten. Zumal sie meinen vollständigen Namen kannten.
Völlig überraschend stand meine Mutter am 04.Nov. 1944 beim Ortsgruppenleiter in der Tür und nahm mich Glücklich in ihre Arme. Vor lauter Glück und Freude hatten wir Tränen in den Augen und brachten keinen Ton heraus. Tags darauf fuhren wir mit der Bahn nach Ried im Inkreis, wo ich auch mein Vater wieder traf, sie waren dort im Flüchtlings Lager untergebracht.

Nach drei Monaten Flucht durch vier Länder, vom 13. Sept. 1944 bis 06.Nov.1944 , fanden wir dann in Tumeltsham, im Gemeindeamt Nr. 31. bei Ried im Inkreis, eine neue Bleibe.
Als wir in Tumeltsham/Österreich dann eine Wohnung fanden, wurden wir als staatenlose Flüchtlinge registriert.

Am 17. November 1944 feierte ich dann meinen 14. Geburtstag. Ich erlernte dann vom 23. Nov. 1944 - 24. Nov. 1947 bei der Firma Scharsching in Langstadl/Österreich das Müllerhandwerk, welches ich mit sehr gut abschloss.
Doch Aufgrund der preiswerten Mehllieferungen durch die Amerikaner war die Mühle nicht mehr rentabel. Deshalb wurde mir nahe gelegt in dem gleichen Betrieb das Sägehandwerk auszuüben, da die Mühle geschlossen wird. In diesem Betrieb arbeitete ich bis zum 15. Juni 1951 und erlebte dort auch das Kriegsende am 5. Mai 1945 mit.

Am 24. März 1951 habe ich in Ried im Inkreis (Österreich) meine Frau geheiratet, und wir sind dann etwas später in die Bundesrepublik übergesiedelt.


Adam Schelken
~ März 2004 ~



Home • Nach oben

 

Home • Geografische Lage • Geschichte • Neue Nachrichten • Anzeigen • Neue Inhalte • HOG • Brauchtum • Bildergalerie • Forum • Gästebuch • Links • Kontakt • Sonstiges • Suchen • Disclaimer • Seiteninhalt

Stand Januar 2010


erfolgreich flirten  

Webspace - Webhosting